Gespräch mit Rudi Haymann

Geschrieben von Karen M.

Am Samstag, den 2. Mai hatten wir eine einzigartige Gelegenheit. Unser Ken interviewte Rudi Haymann, Zeitzeuge des Nationalsozialismus und ehemaliges Mitglied von Hashomer Hatzair Berlin.

Aber wer ist Rudi?

Rudi Haymann wurde 1921 in Berlin in einer deutsch-jüdischen Familie geboren. Im Alter von 15 Jahren wurde er von seiner Schule, dem „Oberstädtischen Realgymnasium“ im Zentrum Berlins, ausgeschlossen. Daraufhin wechselte er an eine jüdische Schule, seine einzige Möglichkeit Zugang zum Bildungswesen zu erhalten. Auf der Suche nach der eigenen Identität, fand er bei Hashomer Hatzair gleichgesinnte Kamerad*innen, die Kibbutz-Bewegung und jüdisch-sozialistische Ideen und Ideologien. 1938, im Alter von siebzehn Jahren, wurde er von den Nazis aus Deutschland vertrieben. Es gelang ihm, nach Britisch-Palästina zu fliehen, wo er als Pionier einen Kibbutz aufbaute und Sümpfe trockenlegte. 1942, angesichts der fortschreitenden Nazi-Armee und ihrer Landung in Nordafrika, entschied sich Rudi, der britischen Armee in der“ jüdischen Brigade“ beizutreten und kämpfte in Afrika, Italien und Griechenland als Mitglied des britischen Geheimdienstes. Nach dem Krieg, im Jahr 1948, zog Rudi nach Chile und widmete sich der Innenarchitektur und der Gründung einer eigenen Familie. Rudi ist heute 99 Jahre alt und weiterhin aktiv. Heutzutage spricht er in Schulen, Institutionen und Veranstaltungen über sein Leben und seinen Widerstand und inspiriert damit viele Personen durch seiner Geschichte.

 

Ken Berlin führte das Interview bei Zoom und wurde von unserer Schlicha Zoe und unseren Madrichim Vale und Benja geleitet. Es beteiligten sich Menschen unterschiedlichen Alters aus Chile, Österreich, Israel, der Schweiz und von den USA. Gemeinsam mit unserem Ken und anderen Schomerim*ot hatten wir die Gelegenheit eure Fragen zu stellen.

 

Seine Geschichte berührte alle Zuhörer*innen bis in die Tiefe ihres Herzens. Rudi hat sich sehr gefreut, dass unser Ken sich bei ihm gemeldet hat, da er nicht wusste, dass wir wieder in Berlin aktiv sind. Für ihn war es eine große Überraschung und das machte ihn sehr glücklich. Wir erfuhren auch, warum es für ihn wichtig war, einer sozialistischen Bewegung wie Hashomer Hatzair zu gehören. Es waren sehr komplizierte Zeiten und dieses Gefühl der Zugehörigkeit gab ihm während des Nationalsozialismus Hoffnung und beeinflusste seine Entscheidung, Aliya zu machen. Er betonte auch die Mystik, die Hashomer in jenen Zeiten hatte. Zum Schluss bleibt uns eine Reflexion, die Rudi sagte: „Ein Shomer bleibt immer wie ein Shomer“.

 

Wir können nur sagen, dass wir dankbar sind für die die Ehre die Hashomer Hatzair Berlin hatte, mit Rudi über sein Leben zu reden und mehr über die Rolle Hashomer Hatzairs für den jüdischen Widerstand und die Leben junger jüdischer Menschen zu erfahren. Unser besonderer Dank an der “Fundación Memoria Viva“ und an Carola Meyer, die es uns ermöglicht hat, mit Rudi zu sprechen.